Karin Holl
Mikrohistorikerin
Zu meinen liebsten Kindheitserinnerungen gehören die Geschichten meiner Oma. Mit ihren Erzählungen verstand sie es, ihre eigene Kindheit Ende des 19. Jahrhunderts vor meinen Augen lebendig werden zu lassen. Staunend hörte ich von einer Zeit, in der man das Wasser vom Dorfbrunnen holen musste, es keine Elektrizität und keine Autos gab. Dennoch dachte Oma mit Freude an diese Zeit zurück und weckte so in mir das Interesse an das Leben in früheren Zeiten. Im Geschichtsunterricht lernt man viel über die großen politischen Ereignisse; es bleibt kaum Zeit, über ihre Auswirkungen auf die Bevölkerung einzugehen. Als ich vor 25 Jahren begann, mich mit meinen Vorfahren zu beschäftigen, interessierte mich vor allem dieser Aspekt. Dabei beschränkte ich mich auf die Personen, die in meinem Heimatdorf Guntersblum lebten. Die umfangreichen und gut erhaltenen Gemeindearchivalien ermöglichten mir, vieles darüber herauszufinden.